Mittwoch, 10. Oktober  2018
Wir sind gerade in Isfahan

 

 

„Isfahan - Nesf-e Jahan“

 

So nennen die Einwohner stolz ihre Stadt: "Isfahan - das ist die halbe Welt!" Die drittgrößte Stadt des Landes nach Masshad und Teheran wird von vielen auch als schönste Stadt des Irans bezeichnet. Wie ein Schmuckstück liegt diese Perle des Orients als Oase mitten in der Wüste und mitten im Zentrum des Landes.

 

Die meisten Besucher werden wohl wie wir auch zunächst den Meydan-e Naqsh-e Jahan ansteuern, den Imam-Platz, der nach dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking der zweitgrößte der Welt ist. Wie so oft drückt auch hier die UNESCO ihr Gütesiegel drauf.

 

Dieser zentrale Platz mit 160 m Breite und 524 m Länge ist vollständig umgeben von dopplstöckigen Arkaden, deren gleichförmige Bögen von herausragenden Bauwerken unterbrochen werden. Auf der Westseite beherrscht der Ali Qapu Palast das Bild.

 

 

Shah Abbas I ließ diesen sechsstöckigen Audienzbau im 17. Jahrhundert errichten, um auf der großzügigen

Terrasse Empfänge abzuhalten.

 

 

Über hohe Stufen und enge Wendeltreppen gelangen wir auf die von 18 Holzsäulen getragene offene Vorhalle und wundern uns über die offenherzige Malerei, die Damen ohne Verschleierung mit tiefen Ausschnitten zeigt, während die Besucherinnen des Palastes der gängigen islamischen Kleiderordnung entsprechend bevorzugt in schwarzer Verhüllung erscheinen sollen.

 

   

Bis ins oberste Stockwerk klettern wir hinauf, um die beeindruckende Musikhalle zu sehen. Die Decke ist nicht nur bemalt, sondern mit dekorativen Aussparungen versehen, die auch der besseren Akustik dienen sollten.

Der Ausblick von der Terrasse - auf der einst der Schah die Polo-Spiele auf dem Rasen unter ihm verfolgte - bietet uns die Gelegenheit, die Dimensionen des großen Platzes zu erfassen.

 

 

Außerdem können wir so den architektonischen Kniff verstehen, den die Baumeister der Scheich-Lotf-Allah-Moschee anwenden mußten, um die zentrale Gebetsnische wie üblich gen Mekka ausrichten zu können. Wie man sieht, steht die Kuppel nicht mittig über dem Eingangsportal.

 

 

Da der Platz schon lange existierte, bevor die Moschee erreichtet wurde, sollte das mächtige Eingangsportal sich natürlich harmonisch einfügen. Hätte man die Moschee gerade dahinter weitergeführt, hätte entweder die stets zentral gelegene Gebetsnische in die falsche Himmelsrichtung gedeutet oder sie hätte an einer Seitenwand der Moschee liegen müssen. Beides ist undenkbar.

 

 

Daher bedienten sich die genialen Baumeister der damaligen Zeit eines Tricks. Nachdem man das Hauptportal durchschritten hat, wird der Besucher durch einen reich verzierten mehrfach abknickenden Gang geführt, der es möglich machte, die Moschee unmerklich in einem 45° Winkel zu drehen.

 

 

 

Dieser ursprünglich als private Moschee für Scheich Abbas 1616 errichtete und nach seinem Schwiegervater benannte Prachtbau läßt sich im Bild praktisch nicht gebührend einfangen. Was wieder einmal zeigt, daß man sich am besten persönlich auf den Weg machen sollte, um die Wunderwelt der Seidenstraße zu erleben.

 

 

Obwohl der Kuppelsaal quadratisch ist, erwecken die Wölbungen den Eindruck, als ob man in einem achteckigen Raum steht. Die blauen und gelben Farben werden besonders durch das diffus einströmende Licht hervorgerufen, das durch 16 Fenster seinen Weg ins Innere findet.

 

 

Erst bei näherer Betrachtung erkennt man die Arbeit, die in den auf kobaltblauem Grund geschriebenen Koran-Suren steckt. Da die verschiedenen Farben der Kacheln unterschiedlich lange Brennzeiten benötigten, hat man sie nicht im Ganzen herstellen können, sondern man mußte sie brechen und als Mosaike verarbeiten. Der Baumeister hat sich mit seinem Namen klein und versteckt in eines der Muster „hineingeschlichen“.

 

 

Um diese unbeschreiblichen Eindrücke und die vielen spannenden Informationen in Ruhe sacken zu lassen, hatte Sirous die geniale Idee, uns in einen zauberhaften Garten zu führen.

 

 

Dort überraschte er die Gruppe mit einer Teepause, die allen gut tat.

 

 

Als Kontrast zu den vielen Moscheen, die wir im Iran gesehen haben, bildete der Besuch der Armenischen Vank-Kathedrale aus dem 17. Jahrhundert einen wunderbaren Schlußpunkt dieses reichen Besichtigungstages.

 

 

Von außen erinnert der schlichte Ziegelbau an islamische Architektur. Nach dem Betreten wird man im Inneren fast erschlagen von riesigen intensiv bunten Fresken mit christlichen Motiven. Besonders ausdrucksstark ist die Darstellung von Himmel und Hölle. Braune und schwarze Teufel ermorden nackte weiße Menschen, während wohlgekleidete Kerzenträger in den Himmel aufsteigen.

 

 

Nicht nur diese Dame, sondern auch unsere Gruppe hatte müde Füße nach dem hochspannenden Mammut-Besichtigungs-Programm. Jeder dachte wohl im Stillen:

„Ein Himmelreich für einen Ruhetag!“

Und siehe da! Der Wunsch wurde erhört! Morgen können wir alle die Füße hochlegen oder individuell ganz gelassen durch diese grüne Stadt bummeln.


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