Sonntag, 07. April 2013

Ruhetag: Fès - heiter, 20 Grad

Nun ist das Kleeblatt vollständig
 

Die heutige Stadtführung durch Fès hat uns die vierte, älteste und letzte Königsstadt näher gebracht. Manchmal näher als es unseren Geruchsnerven lieb war. Doch dazu später.....

Zunächst einmal fuhren wir mit dem Bus hoch hinauf zu einem Aussichtspunkt, wo wir das Gewirr der Altstadt von oben betrachten konnten. Bereits da war klar, daß es kein Tag der großen Plätze und freien Flächen werden würde.

 

Unser Stadtführer sprach von 3900 Gassen, die die Medina labyrinthartig durchziehen und versicherte uns, daß es bis heute niemandem gelungen sei, einen Stadtplan zu zeichnen.

Bevor wir uns ins Getümmel der Millionenstadt stürzten, gönnten wir uns einen ruhigen Moment vor dem Königspalast. Eine Prachtstraße führt in Marokkos drittgrößter Stadt direkt zum mit Marmorplatten ausgelegten Place des Alaouites.

 

Hier befindet sich an der Westseite ein kleineres schwer bewachtes Tor, das - warum auch immer - militärische Relevanz hat und daher dem Fotografierverbot unterliegt. Kurz nachdem diese Aufnahme entstanden ist, schoß der Wachposten wild gestikulierend und auf seiner Trillerpfeife erbost pfeifend auf uns zu. Kathrin nahm schnell ihren Hut ab, um in der Anonymität der Gruppe untertauchen zu können.

Das prächtige Haupttor an der Nordseite des Platzes schimmert golden und ist umrahmt von aufwendig geschnitztem Zedernholz.

Die fein ziselierte Bronzearbeit wird einmal im Jahr mit frischen Zitronen poliert und zum Glänzen gebracht. Das Muster trägt den Namen "Spinngewebe Gottes". Wir lernten einen Handwerker kennen, der an diesem Kunstwerk mitgearbeitet hat.

 

Jede Führung durch die Medina sollte am berühmtesten Stadttor, dem Bab Boujeloud, beginnen. 1913 wurde dieses Dreibogentor mit farbigen Kachelornamenten erbaut. Von außen ist es mit blauen Kacheln geschmückt, von innen mit grünen. Blau ist die Symbolfarbe von Fès, Grün die Farbe des Islam und des Propheten. Deshalb sind die Moscheen alle mit grünen Dächern gedeckt.

 

Fès gilt als Handwerkerstadt und beherbergt die meisten Handwerker und Kunsthandwerker Marokkos. Auch die Zahnärzte scheinen sich gut in diese Rubrik einzugliedern. Überall findet man "Werbeplakate" und Ausstellungsstücke ihrer Kunst.....

 

Da die vielen Gassen sehr eng und verwinkelt sind, ist die Altstadt von Fès zwangsläufig wohl die größte Fußgängerzone der Welt. Das Haupttransportmittel sind Esel und Maultiere, die voll beladen immer Vorfahrt haben. "Balek" schallt es plötzlich aus dem Dunkel einer Gasse "Vorsicht" und schon flitzen einer oder mehrere Esel an einem vorbei.

 

Häufig sind diese Lasttiere mit einem großen Stapel Felle oder Häute bepackt. Das sogenannte "Gerberviertel" produziert eine Menge Grundstoff für die rege Lederindustrie. Wir durften viele Treppen hinaufsteigen bis zur Terrasse eines Ledergeschäftes, um von dort einen Einblick in die harten Arbeitsbedingungen der Gerber zu bekommen.

 

Um den Gestank etwas zu lindern, der dieses gesamte Viertel erfüllt, werden Minzblätter gereicht. Noch besser ist es, einfach die Nasenatmung einzustellen und nur noch durch den Mund Luft zu holen. Wie muß es hier erst im Hochsommer duften?

 

Die Tierfelle werden enthaart und wochenlang in Kalk eingelegt. Dann in Lehmtrögen gewässert und von den Arbeitern mit bloßen Füßen weich getreten. Im nächsten Arbeitsgang werden sie in scharfe Lauge eingelegt, die zum Teil aus Taubenkot gewonnen wird. In einem anderen Trog werden die Häute gefärbt und mit Pflanzen- oder Holzgerbstoffen gegerbt.

Da die gesamt Altstadt 1981 zur Weltkulturerbestätte erklärt worden ist, muß man davon ausgehen, daß auch diese unmenschlichen Arbeitsbedingungen konserviert werden sollen....Für unsere Gemüter natürlich unfaßbar!

 

Damit hat sich der Kreis dieser Marokko-Reise fast geschlossen. Voller Symbolkraft war daher unsere Fahrerbesprechung in der Nachmittagssonne nach der Rückkehr auf den Campingplatz. Kathrin warf eine Palette Bier auf den Markt während Hans-Hermann die Strecke für morgen erklärte. Obwohl unsere bescheidenen Dosenbier-Bestände sich nur auf eine Büchse pro Fahrzeug beliefen, wurde dieses kühle Tröpfchen im großen Stuhlkreis gemeinsam heruntergespült - musikalisch begleitet von Wolfgangs Quetschkommode.

Morgen wollen wir zurück an den Atlantik!


 

 

 

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