Dienstag, 09. April 2013

Fahrtag: Moulay Bousselham (MA) - Tarifa (E)  190 Kilometer, sonnig 18 Grad

Lust & Frust
 

Schon der alte Goethe wußte, daß sie eng beieinander liegen und verewigte diese Tatsache in Worten:

"Es wechselt Pein und Lust. Genieße, wenn Du kannst und leide, wenn Du mußt."

An unserem letzten Reisetag hatten wir von beidem eine Portion. Um kurz nach 7 Uhr brachen wir alle auf, um pünktlich am Fährhafen in Tanger Med anzukommen. So weit so gut!

Die Reiseleiter schafften es, als erste am Ticketschalter zu erscheinen, wo es die Bordkarten für die Fähre geben sollte. Hans-Hermann hatte in der Fahrerbesprechung am Vorabend betont: "Wenn Ihr Eure Bordkarte erst habt, könnt Ihr ganz beruhigt sein. Auch wenn dann noch einige Grenzformalitäten zu erledigen sind, könnt Ihr sicher sein, mit aufs Schiff zu kommen."

Nun - das war genau der Knackpunkt. Dort begann bereits der Frust. Um 9:15 Uhr (also 45 Minuten früher als die geforderten 2 Stunden) sagte der Herr am Ticketschalter: "Bordkarten gibt's erst in einer halben Stunde." Das wäre an sich ja noch nicht frustrierend gewesen. Als wir aber eine halbe Stunde später wieder vor ihm standen, wollte er Bordkarten für die 16 Uhr-Fähre herausrücken und das waren ganze 4 Stunden später als die geplante 12-Uhr-Abfahrt.

In Afrika hatten wir erlebt, daß vieles doch möglich ist, was zunächst als unmöglich dargestellt wird. So blieben wir beharrlich und belagerten den Ticketschalter. Kathrin besetzte das Ticketbüro und trieb den armen Angestellten am PC zur Verzweiflung. Wir telefonierten mit dem Lademeister und argumentierten im Laufe des etwa zweistündigen Belagerungszustandes sogar mit Geldscheinen. Aber nichts half.

 

Irgendwann erschien der Lademeister persönlich und erklärte uns, daß die 9-Uhr-Fähre ihren Dienst nicht wie geplant aufgenommen hatte und daher die bereits abgefertigten Laster alle in der Warteschleife stünden und nur 4-5 Wohnmobile von uns die nächste Fähre erwischen könnten. Das kam natürlich nicht in Frage: Einer für alle- alle für einen!

Also fügten wir uns in unser Schicksal und nahmen Bordkarten für 16 Uhr entgegen. Dann gab es die übliche ausführliche Grenzroutine: Passkontrolle, Fahrzeugkontrolle, Zoll, überall Zettel vorzeigen, aussteigen........zuletzt fuhr ein Scanner über alle Fahrzeuge, der mit Röntgenstrahlen untersuchte ob, .....ja, was eigentlich?

 

Irgendwann standen auch wir glücklich in der Spur vor der Fähre. Wir sahen zu, wie (unsere!) 12-Uhr-Fähre schließlich gegen 13:30 Uhr ablegte und fingen an zu rechnen, wann wir wohl in Tarifa sein würden. Unser Abschiedsessen war für 19 Uhr bestellt. Wenn die 16 Uhr-Fähre mit Glück vielleicht SCHON um 17 Uhr ablegt, zwei Stunden fährt, eine Stunde Zugabe für die Ausfahrt aus dem Hafen mit spanischem Zoll usw. dann wäre es bereits 20 Uhr in Algeciras. Wir müßten dann noch eine knappe Stunde bei Dunkelheit auf der Küstenstraße bis zum Campingplatz in Tarifa fahren und wären folglich nicht um 19 Uhr, sondern um 21 Uhr im Restaurant. Ließe sich wahrscheinlich gerade noch machen, oder?

Wenn da nicht .......die Zeitverschiebung wäre. In Spanien würde es dann nämlich schon 2 Stunden später sein - sprich 23 Uhr. Also, was tun? Wir sagten das Abendessen ab und hofften zunächst einmal, daß uns die Fähre sicher über die Straße von Gibraltar bringen würde und alle gesund und heil in Tarifa ankommen.

Und so war es dann auch. Wir liefen müde aber glücklich im Konvoi auf dem Campingplatz ein. Unser erster Blick galt der Restaurant-Bar: Noch Licht, Juchuh! Kathrin bezirzte den Campingplatz-Chef und der ließ sich nicht lange bitten. Er schmiß seinen Pizzaofen an und im Nu stand ein improvisiertes Abendessen auf dem Tisch. Die Getränke flossen, denn unsere Reiseteilnehmer Ellen und Georg, die sich bereits in Marokko von der Gruppe verabschiedet haben, hatten uns großzügig mit Spesen für diesen Abend ausgestattet.

 

Kathrin trug noch ein Gedicht vor, um die Reise in Versform zusammen zu fassen. Ulrich sagte ein paar passende Worte im Namen der Gruppe und bezeichnete rückblickend den Platzregen in Fès als zünftige Taufe für die neuen Reiseleiter. Gegen 1 Uhr spanischer Zeit endete ein Tag, der uns noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Denn hier kommt wieder der alte Goethe ins Spiel.

"Genieße wenn Du kannst und leide wenn Du mußt!"

Nach unserem Leidensweg durch den Hafen von Tanger stand der Genuß nun wieder ganz oben!


 

 

 

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