Donnerstag, 12. April 2012

Ruhetag Nummer zwei in Inhassoro

Zur rechten Zeit am rechten Ort

Dieses Motto galt heute für alle Tagesaktivitäten. Henry, genannt der Trucker, feierte nämlich seinen Geburtstag. Da er bisher gute Erfahrungen gemacht hat mit Frisörbesuchen im Urlaub, hatte er bewußt vor seiner Abfahrt auf einen Haarschnitt verzichtet. Heute nun bekam er eine Kurzhaarfrisur zum Geburtstag geschenkt, denn unsere Conny griff beherzt zur Schere - und das in gewagtem Outfit! Die restlichen Herren in der Gruppe machten sich schon Gedanken, ob ihr Geburtsdatum auch noch in die Reisezeit fällt.....

Wieder wurde der Ruhetag zu Strandspaziergängen genutzt.

Dabei fielen uns mehrere Gruppen junger Männer auf, die immer paarweise zusammen einen Stock hinter sich klemmten und gaaanz laaangsam vom Meer aus rückwärtsgingen. Wenn sie oben am Strand angekommen waren, lösten sie den Strick, der ihren Stock mit einem langen Seil verbunden hatte, um sich langsamen Schrittes wieder zur Wasserkante zu begeben. Dort reihten sie sich wieder in den Arbeitsprozeß ein und so entstand ein Kreislauf, den wir über Stunden beobachteten.

Wir freuten uns natürlich, dieses Schauspiel mit verfolgen zu können und fragten uns, welcher Sinn dahinter steckte. Am ganzen Strand entlang waren mehrere solcher „Seilschaften" in vollem Einsatz, so daß wir zwischenzeitlich schon an einen Wettbewerb dachten.

Aber die Menschen hier in Mosambik haben für derartige Spielchen keinen Sinn, hier geht es ums nackte Überleben. Da kaum jemand Englisch spricht, ist es auch schwierig, sich zu verständigen und so warteten wir geduldig ab, was sich tun würde. Nach mehreren Stunden des Ausharrens wollten wir nun auch sehen, was da angelandet wird. Irgendwann erschienen weiße Bojen am Horizont und dann tauchte ein Schleppnetz auf.

Plötzlich kam Leben in die Menschen, die sich sonst eher im Zeitlupentempo bewegten.

Von überall her strömten Frauen und Kinder mit Schüsseln und Behältnissen. Ein riesiges Netz wurde mit vereinten Kräften an Land gezogen. Doch die Ausbeute war verschwindend gering. In den Maschen des Netzes hatte sich hauptsächlich Seetang verfangen gemischt mit ein paar mickrigen Fischchen. Davon konnten unmöglich alle satt werden.

Da wir so fasziniert von dem Geschehen waren, haben wir versucht, die Stimmung in bewegten Bildern einzufangen. Worauf wir drei Stunden warten mußten, könnt Ihr in knapp drei Minuten erleben. Klickt hier →

Wir fühlten uns schon ganz glücklich, daß wir dieses Schauspiel selbst miterlebt hatten und waren sicher, wieder einmal zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen zu sein. Da wußten wir aber noch nicht, daß das Gitz-Team noch viel passender zur Stelle gewesen war. Rainer und Traudl gewinnen mit ihrem Schnappschuß vom Bullshark heute die Tageswertung um das spektakulärste Foto.

In einem anderen Schleppnetz zappelte nämlich eine viel größere Beute. Ein Hai mit riesigem Kopf wurde an Land gezogen und zerlegt. Als wir durch Zufall an diesen Strandabschnitt kamen, erkannten wir an der Menschenansammlung sofort, daß etwas Ungewöhnliches im Gange war.


(Foto vom Gitz-Team)

Aus der Nähe war nur noch der Kopf des Haifischs auszumachen, an dem die letzten Fleischstücke gerade entfernt wurden. Das übrige Filet war schon abtransportiert worden und nun stritten sich die Frauen um den kläglichen Rest. Die „Siegerin" packte den mächtigen Kopf in eine große Schüssel, setzte sie sich auf den Kopf und entschwand. Was sie daraus wohl kochen wird?

Die Größe des Raubfisches gab uns vor allem deshalb zu denken, weil viele junge Männer nicht mit Netzen fischen, sondern in winzigen Nußschalen weit hinaus aufs Meer fahren. Diese Boote sehen aus wie zusammengezimmerte Apfelsinenkisten mit Styropor-Boden. Ob sie einer Hai-Attacke oder auch nur der nächsten größeren Welle standhalten?

Nach diesen spannenden Erlebnissen konnten wir gegen Abend ein weiteres Mal erfahren, was es heißt, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. Nachdem Franz uns in die morgige Tages-Etappe über 420 Kilometer eingewiesen hatte, köpfte das Geburtstagskind eine Flasche Jonny Walker und schenkte ein paar Runden aus. Lieber Henry, auf Dein Wohl!


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