Montag, 14. November  2016
Wir sind gerade in Te Anau

Tag 14: Ausflug zum Milford Sound

 

Glück braucht der Mensch

 

Glück ist einer der Begriffe, die sich ganz schwer definieren lassen. Und wahrscheinlich auch einer der Begriffe, die jeder individuell anders empfindet. Heute aber war sich die Reisegruppe einig, daß wir verdammte Glückskinder sind.....auch wenn der Himmel uns keinen blauen Hintergrund schickte für das beeindruckende Bergpanorama, auf das wir in Richtung Milford zufuhren.....auch wenn die hohen Felsen des Fjords nur durch einen Regenschleier zu sehen waren und die Schifffahrt natürlich bei Sonnenschein mehr Spaß gemacht hätte.

 

Aber! Wir hatten Erdbeben und Tsunami überlebt und Hab & Gut sowie Leib & Leben waren unversehrt geblieben, während nicht weit von uns entfernt die Welt aus den Fugen geriet. Der Reihe nach: Der Tag hatte für uns Reiseleiter extrem früh begonnen, um genau zu sein präzise um 1:16 Uhr nachts als der Kuga-Chef zur Mittagszeit in Deutschland die Eilmeldung bekam, daß ein starkes Erdbeben Neuseelands Südinsel getroffen hatte. Da Olaf gedanklich stets bei seinen auf der ganzen Welt verteilten Reisegruppen weilt, wollte er umgehend wissen, ob wir wohlauf sind.

 

Selbstverständlich waren wir sofort hellwach und schauten im Internet nach, wo das Epizentrum lag. Als wir beruhigt feststellten, daß es 90 Km nördlich von Christchurch war, dankten wir dem Schicksal, daß wir die Gegend um diese von Erdbeben häufig heimgesuchte Stadt bereits verlassen hatten. Also: Keine Gefahr im Verzug, wieder ab zu Bett.

 

14 Minuten später klingelte unser Handy ein weiteres Mal. Der Kuga-Olaf hatte inzwischen von einer Tsunami-Warnung gehört und machte sich erneut Sorgen um die Reisegruppe. In ganz Neuseeland schrillten die Sirenen und forderten die Menschen auf, sich in höhere Lagen in Sicherheit zu bringen. Na ja, vielleicht nicht in ganz Neuseeland aber immerhin an der gesamten Ostküste und in der Hauptstadt Wellington. Dort liefen die ganze Nacht über Evakuierungsmaßnahmen.

 

Wir dachten blitzschnell nach und erinnerten uns daran, daß wir am Vortag die Südspitze umrundet und damit nun haarscharf die Westküste erreicht hatten. Die Tatsache, daß wir uns in Te Anau auf etwa 300 Metern Höhe befanden, ließ uns in den Schlafmodus zurück schalten, ohne daß wir unsere Reiseteilnehmer in Alarm versetzen mußten. Das nennen wir Glück gehabt!

 

So starteten wir am Morgen ganz entspannt zu unserem Tagesausflug. Auch die Fahrer durften sich zurücklehnen, denn wir hatten den Luxus eines eigenen Chauffeurs, der uns mit Kleinbus zum weltberühmten Milford Sound brachte. Auf der 120 Kilometer langen Strecke durch Nationalpark, Regenwald und traumhafte Bergpanoramen hielten wir immer wieder an, um einen Fotostopp einzulegen. Wie gesagt, das fehlende Fotowetter konnten wir an einem Tag wie diesem verschmerzen.

 

 

Die Riesenfarne waren trotzdem beeindruckend.

 

 

Ab und zu sahen wir sogar die frechen Keas, die etwa 45 Zentimeter großen Bergpapageien, die nur auf der Südinsel Neuseelands vorkommen. Es ist eine der wenigen Papageien-Arten, die außerhalb der Tropen leben.

 

 

In Milford bestiegen wir ein Schiff, mit dem der 15 Kilometer lange Fjord bis hinaus zur Tasmansee befahren wurde.

 

 

Rings um uns herum ragten die Felswände bis zu 1200 Meter in die Höhe. Das Wahrzeichen des Milford Sounds ist allerdings der Mitre Peak, der Bischofshut, mit fast 1700 Metern Höhe.

 

 

Der Fjord liegt in einer der regenreichsten Gegenden der Erde. Hier mißt man den Niederschlag nicht in Zentimetern, sondern in Metern. Kein Wunder, daß der Himmel seine Schleusen weit öffnete, als wir unsere kleine Kreuzfahrt machten. Den Haubenpinguinen war das ziemlich schnuppe.....

 

 

Da auch Wasserfälle zu 100 % einfach nur naß sind, störte der Regen bei ihrer nahen Betrachtung nicht wirklich.

 

 

 

An einer Stelle ließ uns die Schiffsbesatzung aussteigen. Dort befand sich ein Observatorium, in dem wir viel Wissenswertes über die Wasserwelt des Milford Sounds erfuhren. Über eine Wendeltreppe stiegen wir 10 Meter unter die Wasseroberfläche hinab, um durch dicke Acrylglasscheiben die Meeresbewohner in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten zu können. Besonders berühmt ist die "Black Coral", die schwarze Koralle, die aber in Wirklichkeit weiß ist.

 

 

Aufgrund des vielen Niederschlags legt sich eine meterhohe Süßwasserschicht über das Salzwasser des Fjords. Das Frischwasser ist mit Taninen aus dem dichten Bewuchs der Felsen versetzt und daher braun gefärbt. So wirkt es wie eine gigantische Sonnenbrille und verdunkelt das Fjordwasser derart, daß es wenige Meter unter der Wasseroberfläche Bedingungen wie in der Tiefsee aufweist. Reisen bildet enorm - wir stellen es immer wieder fest.

 

Nach unserer Rückkehr nach Te Anau konnten wir im Internet die Berichterstattung über die verheerenden Auswirkungen des Erdbebens verfolgen. Die kleine Stadt Kaikoura, die wir in genau einer Woche besuchen wollten, ist komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Zufahrtstraßen sind durch Erdrutsche verschüttet, es gibt kein Wasser, keinen Strom, keine Telefonverbindung. Touristen werden mit Hubschraubern ausgeflogen, ihre Wohnmobile müssen sie derzeit zurück lassen.

 

Nun erst wissen wir ganz genau, was Glück bedeutet. Wir hätten mitten drin stecken können in dem ganzen Chaos. So aber ist die Stimmung gut und unsere tolle Reise kann unbeschadet weiter gehen. Morgen machen wir uns auf dem Weg nach Queenstown, die Abenteuerhauptstadt der Kiwis.....wie sich die Neuseeländer selbst nennen.


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