Mittwoch, 15. Juni  2016
Wir sind gerade auf der MS Nordlys auf der Fahrt Richtung Norden

Tag 9: Im Bann des Polarkreises

Ein langer Tag liegt hinter uns, sehr lang. Wer denkt, so eine Kreuzfahrt sei eine durchweg gemütliche Angelegenheit mit viel Schlaf im Liegestuhl, der irrt. Es gibt einfach so viel zu sehen und bei 24 Stunden Sonnenschein ist die Nacht zum Schlafen sowieso zu schade. 

Früh zwischen 7 und 8 Uhr war die Überquerung des Polarkreises angekündigt. Die offizielle Zeit, zu der dieses Happening stattfand, wurde mit 7 Uhr 44 Minuten und 21 Sekunden gestoppt. Ein denkwürdiger Moment, der irgendwie Gänsehaut-Feeling erzeugt.

Jenseits des Polarkreises beginnt das Land der Mitternachtssonne. Es ist mit 66º 33' Nord der südlichste Punkt, an dem jetzt im Sommer die Sonne nicht mehr untergeht. Auf der kleinen Insel Vikingen markiert ein Globus diesen unsichtbaren Ring um die Erdkugel.

Nachdem unser Postschiff diesen Breitengrad überfahren hatte, stärkten wir uns zunächst am üppigen Frühstücksbuffet und gingen dann schnell wieder an Deck. Der zweitgrößte Gletscher Norwegens sollte in Sicht kommen. Um uns herum das tiefblaue Polarmeer, ab und zu ein anderes Schiff aber hauptsächlich schroffe immer höher werdende Berge und Felseninseln.

Und dann plötzlich sahen wir das Eismassiv aus der Ferne grüßen.

Immer wieder lief unsere Hurtigrute einen kleinen Hafen an, um zu laden und Passagiere an Bord zu nehmen oder umgekehrt. Wir waren erstaunt, wie geschäftig das Leben ist, so hoch oben jenseits des Polarkreises. In Rørvik trafen wir auf einen gut besuchten Yachthafen. Überall dürfen wir aussteigen und einen Landgang machen.

Sobald der Kapitän die Weiterfahrt verkündet, sind alle wieder an Bord und lassen die grandiose Landschaft Norwegens an sich vorüber ziehen. Ja, zugegeben, hier kommt dann doch der Liegestuhl zum Einsatz aber bei diesen Bildern möchte man die Augen nach Möglichkeit nicht schließen. Was nicht heißt, daß es nicht doch ab und zu schwache Momente gibt. Aber dann ist schon der nächste Hafen erreicht und die MS Nordlys macht schon wieder fest.

Auch in Bodø zog es uns an Land. 50.000 Einwohner hat die Hauptstadt der Provinz Nordland. Die durchschnittliche Jahrestemperatur liegt bei 4,6 Grad. Wir fühlten uns auch hier vom Glück verfolgt, diesen Ort bei Sonnenschein und Eisdielen-Wetter erleben zu dürfen. Einige Reiseteilnehmer erwischten wir tatsächlich mit Eisbechern auf unserem Rundgang durch die Stadt, die einige große Hotels und sehr nordisch schlicht wirkende Gebäude hat. Die schneeweiße Konzerthalle, das Rathaus und die Domkirche sind Wahrzeichen von Bodø.

Unser treues Schiff legte am Nachmittag wieder ab und steuerte dann unausweichlich auf die Lofoten zu. Diese Inselgruppe aus 80 Inseln liegt vor der Küste Norwegens vom Festland getrennt durch den Vestfjord. Schroffe, hohe Felsen lassen nicht vermuten, daß hier Menschen leben und arbeiten.

In Stamsund auf der Insel Vestvågøy wird schnell klar, wovon all diese Menschen hier leben. Überall kleine Fischerboote und Holzgestelle zum Trocknen von Dorsch.

Bei einem kleinen Spaziergang durch das mit 1400 Einwohnern zu den größten Orten der Lofoten zählende Stamsund, riechen wir die Trockenfische bevor wir sie sehen.

Wie immer jagte ein Highlight das nächste. Gut geplant nach dem Abendessen erreichten wir Svolvær, die nun wirklich größte Stadt der Lofoten. Unglaubliche 4500 Einwohner leben hier von Kabeljaufang und Tourismus. Bei der Hafeneinfahrt grüßte uns die Fischerin, die auf ihren heimkehrenden Mann wartet.

Die Stockfische an der Hafenpromenade zeigten uns, auf was wir uns für den nächsten Tag zum Abendessen vorbereiten müssen. Arme Thea, die einzige unter uns, die keinen Fisch ißt....und noch dazu aus Ostfriesland stammt.

Nun könnte man meinen, daß der Tag genug im Angebot hatte, um uns alle müde in die Betten sinken zu lassen. Weit gefehlt! Gegen 23 Uhr standen wir mit angehaltenem Atem an Deck und verfolgten das spannende Manöver, wie unser Kapitän das riesige Hurtigruten-Schiff durch den engen Trollfjord steuerte. Alle Passagiere standen andächtig schweigend an der Reling und schauten ehrfurchtsvoll entlang der steilen Felswände nach oben.

Die Durchfahrt durch die Felsen des Trollfjords war schattig aber kaum hatte das Schiff sich etwas von den hohen Bergen entfernt, flutete die Mitternachtssonne wieder die Landschaft und ließ uns ernsthaft mit dem Gedanken spielen, diese Nacht einfach komplett durchzumachen.

Während einige Mitglieder unserer Reisegruppe gewohnheitsmäßig um Mitternacht zu Bett gingen, blieben andere die halbe Nacht auf dem Panoramadeck und konnten sich nicht satt sehen an den vielen kleinen Inseln der Lofoten und dem mystischen Licht jenseits des Polarkreises. Wir alle sind uns einig darüber, daß diese Schiffsreise einfach unbeschreiblich schön ist.


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