Mittwoch, 16. August  2017
Wir sind gerade in Oberstdorf

 

Aller Abschied fällt schwer - besonders von dort, wo die Kühe Vorfahrt haben

 

Jede Zeit ist umso kürzer, je glücklicher man ist. Unser Urlaub im Allgäu neigt sich dem Ende entgegen. Die 4 1/2 Wochen sind wie im Flug vergangen. Oberstdorf hat sich in unser Herz geschlichen. Wenn wir nicht Kuga-Aufträge hätten, würden wir wahrscheinlich bis Ende Oktober hier bleiben, bis die Stadt in ihre wohlverdiente Ruhestarre verfällt - wenn die Wanderer nicht mehr und die Skiläufer noch nicht da sind. Dann atmet die ganze Region tief durch und es wird sehr ruhig in Deutschlands südlichster Stadt.

So aber pulsiert das Leben egal ob auf den bewirtschafteten Almhütten oder bis spät abends in den Biergärten der Stadt. Der Sommer war groß hier im Süden, im geschützten Tal der Täler. Voller Sonne, Wärme und Blumen auf dem Berg und in der Stadt.

 

 

 

Wir haben noch ein paar Fahrrad-Touren unternommen, entlang der Iller nach Sonthofen und Bad Hindelang. Auch wenn wir den Nachbarstädten einen Besuch abgestattet haben, sind wir immer wieder gern nach Oberstdorf zurück gekehrt, in der Gewißheit, daß es dort am schönsten ist.

 

 

 

Vom Schriftsteller Sigmund Graff stammt der schöne Satz:

"Die feinste Reisekunst besteht darin, zu einigen besonders schönen Plätzen immer wieder einmal zurückzukehren, bis sich eine Art Heimatgefühl entwickelt, das sie doppelt kostbar macht."

Das ist uns aus der Seele gesprochen.

 

Nun wollen wir aber aufhören mit der Schwärmerei, sonst fährt demnächst alle Welt nach Oberstdorf und dann sind wir zu guter letzt dafür verantwortlich, daß dieser zauberhafte Ort seine Urtümlichkeit verliert. Kleines Beispiel gefällig? Wo sonst findet man eine Stadt, in der zweimal am Tag eine Kuhherde durch die Straßen spaziert? 

 

 

 

Nach einiger Zeit hatten wir uns an den Rhythmus der Stadt gewöhnt. Jeden Morgen um 7 Uhr drang das leise Kuhglockengeläut an unser Ohr und wir wußten, daß nun das Milchvieh zur Weide getrieben wird. Ein beruhigender Gedanke, wenn es Tag für Tag passiert. Das Geräusch verkündet demnach keine Gefahr, verlangt keine Fluchtreaktion! Also umdrehen und weiterschlafen!

 

Jeden Nachmittag pünktlich um 17:50 Uhr - man konnte die Uhr danach stellen - wieder Kuhglocken in Hörweite! Nun marschierten die Viecher in aller Seelenruhe zurück zum Stall - mitten durch die Stadt.

 

 

Sollten doch die Touristen ruhig stehen bleiben und ihre Handys zücken. Dem Vieh war's egal. Auch die Autos mußten in den engen Gassen am Rand warten und die Kühe vorbeiziehen lassen. Vorfahrt hat, wer eine Glocke um den Hals trägt!

 

 

Das alles wird uns fehlen. Aber jeder Abschied ist der Beginn von Erinnerungen und die werden wir mit uns nehmen - egal wohin uns das Schicksal demnächst verschlägt. Nahziel ist nun erst einmal Heilbronn, wo wir einen Zwischenstopp auf dem Weg zur Düsseldorfer Messe einlegen wollen.

 

Wahrscheinlich werden wir dort jeden Morgen um 7 Uhr aufwachen und uns fragen, was fehlt.

Ach ja, die Kuhglocken!


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