Montag, 17.01.2022


Wo soll die Reise denn hingehen?




Letzte Erledigungen, letzte Einkäufe, letzte Post bearbeiten, Koffer entstauben.....Zeit läuft! Man versucht, an alles zu denken und To-do-Listen abzuarbeiten, ohne sich zuletzt doch noch auf den letzten Metern einem Infektionsrisiko auszusetzen. 


Im Drogeriemarkt läuft man an den Regalen entlang auf der Suche nach Sonnenmilch. Einfacher wäre es jetzt, jemanden vom Personal um Hilfe zu bitten. Aber möchte man wirklich in die fragenden Augen schauen? Kein Mensch braucht derzeit Sonnenschutz mitten im trüben Schmuddelwetter. Da wäre man in Erklärungsnot. 


Warum bloß regt sich ständig das eigene schlechte Gewissen? Urlaub, Fernreise, Kreuzfahrt sind momentan einfach Begriffe zum Fremdschämen und erst recht, wenn man selbst betroffen ist.


Also lieber noch etwas mehr Zeit investieren und jeden Gang ein zweites Mal inspizieren. Ganz hinten, ganz unten....da, wo ganz früher die Kondome versteckt waren, zu denen man sich auch nicht mithilfe der Kassiererin durchgefragt hätte.....stehen ein paar wenige Flaschen Sonnenlotion, Sonnenspray und After Sun. 


Rein damit in den Einkaufswagen zusammen mit Brillenputztüchern und einer Palette Teelichter zur Ablenkung. An der Kasse dann laut und vernehmlich die Frage: „Wo soll die Reise denn hingehen?“ Noch nie was von Diskretion gehört? Ich stammle etwas von Vorrat und dem norddeutschen Motto „Nach Ebbe kommt Flut, nach Regen kommt Sonne und nach Winter....“ doch dann muß ich mich erst einmal auf die PIN-Eingabe für meine Kartenzahlung konzentrieren.


Nächster Punkt auf der To-do-Liste: Etwas gegen Seekrankheit besorgen! 

In der Apotheke bedient mich ein junger Mann. Er fragt nach meinem Wunsch und wartet geduldig, als ich nicht gleich mit der Sprache rausrücke. Hier ist die Situation noch unangenehmer. Die Sonnencreme hätte man sich zur Not auch im Januar bei sehr empfindlicher Haut an norddeutschen Stränden denken können - aber Reisetabletten beinhalten schließlich schon im Namen das verräterische Wort.


Als die Gedankenpause zu lang wird, bestelle ich zunächst einmal eine Tube Fußpilz-Salbe. Die könnte man immer mal gebrauchen. Der Apotheker - wahrscheinlich frisch von der Uni - will schon fast abkassieren, als ich schließlich mit meinem eigentlichen Anliegen rausrücke. „Eine Schachtel Reisetabletten, bitte!“ nuschele ich „....oder geben Sie mir gleich zwei. Vielleicht braucht mein Mann die auch.“ 


Ganz cool faßt das Kerlchen im weißen Kittel hinter sich ins Regal und legt zwei Packungen vor mich auf den Tresen. „Sie wissen, wie man die einnimmt, oder? Maximal 6 Stück pro Tag.“ „Aber,“ fügt er nach einer kleinen Pause hinzu „wenn Sie so viele brauchen, haben Sie die falsche Reise gebucht.“ 

Jetzt bloß nicht lange zögern und ein Gespräch aufkommen lassen! Ich wedele mit meiner Kreditkarte und will die Sache hinter mich bringen. Fast hätte es geklappt. Doch im Rausgehen höre ich die interessierte Stimme des jungen Apothekers: „Wo soll die Reise denn hingehen?“

Ich murmele etwas von „Karibik“ und gehe mit schnellen Schritten auf die Ladentür zu. „Schönen Urlaub!“ ruft er mir fröhlich nach - vielleicht muß man sich doch nicht schämen, in diesen Zeiten auf Kreuzfahrt zu gehen......




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