Mittwoch, 22. Mai  2019


Wir sind gerade in Dawson City

Auf den Spuren der Goldgräber

Wir haben es heute wie die Glückssucher um 1900 herum gemacht. Unser Ziel war das sagenumwobene Dawson City und wir sind quasi den Yukon flußabwärts von Whitehorse in die Goldgräberstadt gefahren. Einziger Unterschied war, daß wir in unseren bequemen Wohnmobilen nur etwa 7 Stunden Fahrzeit brauchten, während die Pioniere zum Teil Wochen unterwegs waren und zu guter letzt manchmal doch nicht ankamen.

Das lag unter anderem an den "Five Finger Rapids", die uns natürlich einen Stopp wert waren. Mitten im Yukon stehen vier mächtige Basaltfelsen, die dazu führen, daß sich fünf gefährliche Stromschnellen bilden.

 

 

Inzwischen wurde ein Felsen gesprengt, um die Schifffahrt auf dem Yukon einfacher zu machen. Zur Goldrauschzeit allerdings ließ manch Abenteurer sein Leben oder verlor seine gesamte Ausrüstung, wenn er die falsche Spur wählte und sein Boot im Yukon kenterte. Die Cleveren der damaligen Zeit trugen Boot und Ladung um diese brisante Stelle herum und fuhren unterhalb der Stromschnellen gefahrlos ihrem Ziel entgegen. Viele nahmen sich dafür aber nicht die Zeit, denn sie wollten ja so schnell wie möglich ihren Claim abstecken, bevor alle Grundstücke besetzt waren.

 

 

Unsere Tour-Teilnehmer hatten genügend Muße, die Aussicht zu genießen und sich in die Zeit des Goldfiebers hinein zu versetzen, bevor sie ihre Stahlrosse wieder bestiegen und weiter gen Nordwesten rollten. Lange Zeit ging die Straße sehr sehr sehr geradeaus. Die bisher überaus guten Straßenverhältnisse wandelten sich heute ein wenig. Immerhin waren wir vom Alaska Highway abgebogen auf den Klondike Highway, eine Nebenstrecke nach Dawson City. So hatten wir immer wieder mit Frostschäden und Bodenwellen zu kämpfen. Und das auf der längsten Etappe der ganzen Reise!

 

 

Unsere Bären-Statistik startete heute wieder neu für den zweiten Teil der Tour. Es wurden Bärenmütter mit Jungen gesehen und sogar Grizzlys. Auch ein Elch zeigte sich im Gebüsch. Ganz in der Nähe der urigen Moose Creek Lodge, die zum Einzukehren einlud.

 

 

Auch die längste Etappe nimmt einmal ein Ende. Wir wurden schon von Ferne in Dawson City willkommen geheißen. Links und rechts der Straße türmten sich hohe Schuttberge auf - das gesamte Material, das bereits irgendwann durchgesiebt worden war - wahrscheinlich mehrfach. Es sieht also noch genauso aus wie früher. Auch im Städtchen selbst fühlt man sich in die Vergangenheit zurück versetzt. Es gibt keine geteerten Straßen und die Häuser könnten als Kulisse in jedem Western dienen.

 

 

Für den Abend erwartete uns noch ein bunter Programmpunkt. Wir besuchten gemeinsam die Spielhölle der Diamond Tooth Gertie.

 

 

Diese Dame hatte es in der frauenlosen Goldgräberstadt um 1900 als Tänzerin zu Wohlstand gebracht. Noch heute tritt "sie" jeden Abend auf und bezirzt zusammen mit ihren CanCan-Girls die Männer im Casino. Sie wirbelten mit Röcken und langen Beinen auf der Bühne......

 

 

......kamen aber auch hinab ins Publikum, um den Herren die Köpfe zu verdrehen. Diese ließen sich willenlos hinter die Bühne führen nichtsahnend, daß sie kurz darauf für großes Gelächter sorgen würden.

 

 

Letztlich zeigte sich wieder einmal, daß es viele Berufe gibt auf dieser Erde - aber Reiseleiter zu sein, das ist nicht zu toppen. Oder?

 

 

Als Wolf zusammen mit Hans-Hermann die Mädels um ihre Strumpfbänder brachte, ahnte er noch nicht, daß noch eine weitaus größere Herausforderung auf ihn wartete. Beflügelt von den aufreizenden Tänzen der CanCan Damen, machten wir nämlich noch einen weiteren Ausflug ins dekadente Nachtleben von Dawson City. Wir wohnten einer Zeremonie bei, die es so wohl nur hier gibt: Den Sourtoe Cocktail.

 

 

Dabei werden Besucher der Stadt vom Kaptain zu echten "Einheimischen" erklärt, wenn sie eine Mutprobe bestehen. Diese läuft so ab: Man kauft sich ein beliebiges Getränk an der Bar im Saloon, legt eine 10-Dollar-Note als "Zehensteuer" auf den Tisch und bekommt eine menschliche mumifizierte Zehe ins Glas. Dann muß man allen Mut zusammennehmen, den Schnaps trinken und das Glas so lange schütteln, bis die schrumpelige Zehe die Lippen berührt. Der Kaptain sagt nämlich den Trinkspruch: "You can drink fast, you can drink slow, but your lips gonna touch the dirty old toe", was so viel bedeutet wie "Du kannst schütten oder nippen aber der alte Zeh muß an die Lippen". Wolf bestand diese Mutprobe ohne mit der Wimper zu zucken.

 

 

Wobei man diese Anweisung genau befolgen sollte, denn der Leichenzeh muß zwar die Lippen berühren, man darf ihn aber nicht kauen, lutschen, beißen oder gar hinunter schlucken. Ursprünglich lag die Strafgebühr bei 500 Dollar, sie wurde aber auf 2500 Dollar hinaufgesetzt, weil offensichtlich manche Wette abgeschlossen wurde, die höher war als die Strafgebühr, so daß der mumifizierte Zeh immer wieder bei irgendjemandem im Magen landete......und es ist nicht so einfach an neue Zehen heran zu kommen. Zwischendurch liegt das gute Stück auf einem Teller mit grobem Salz, damit er die häufigen Whiskey-Bäder auch unbeschadet übersteht. Kein Scherz! Skurril, oder?

 

 

 

Wie man sieht hat unsere Reisegruppe eine Menge Spaß und lebenden Geschichtsunterricht obendrein. Morgen wollen wir uns als Goldgräber versuchen.



zurück zum Reisebericht "Kanada-Alaska 2019" ⇒ 

 

 

Nach oben