Montag, 23. April  2018
Wir sind gerade in Pingyao / China

 

In der Stadt der tausend Dächer - oder - wie man in China Freundschaften schließt

 

Die Fremdenführerin war heute ein Fremdenführer, der uns alle Aufmerksamkeit abverlangte. Er sprach Englisch, was an sich nicht das Problem gewesen wäre. Angeblich hatte er zehn Jahre lang in Peking die Fremdsprache studiert, seine Aussprache war aber ein chinesisches Singsang, in dem man ganz vereinzelt ein paar eingestreute Englische Worte vermuten konnte. 

Auch er verstand uns nur bedingt. Immerhin konnten wir ohne Handy-Übersetzung klar kommen. Dafür hatte er ein sonniges Wesen und muß wohl von seinen Sprachkenntnissen selbst überzeugt gewesen sein. Jedenfalls redete er viel, laut und schnell, lachte sich zwischendurch schief und schüttelte uns immer wieder spontan die Hand.

 

Mit unserem Herrn Wang Xiaofeng bestiegen wir die uralte Stadtmauer von Pingyao und erreichten über das Südtor die Altstadt.

 

 

Dort erwarteten uns die schachbrettartig angelegten Gassen des alten Chinas.

 

 

Wie wunderbar: Endlich eine Fußgängerzone, in der man nicht ständig fürchten muß, von vollbesetzten dick bepackten Motorrollern überfahren zu werden!

 

 

Pingyao war in der Vergangenheit eine bedeutende Bankenstadt. Eine der altertümlichen Bankfilialen im Herzen der Altstadt wollte Herr Wang mit uns besichtigen. Wie eine Bank sah dieser Innenhof eigentlich gar nicht aus! Unser neuer Freund Wang Xiaofeng krempelte sich erst einmal die Ärmel hoch, bevor er zur Tat schritt. Hier gab es nämlich sehr viel Geschichtliches zu erklären.

 

 

Beeindruckend war der Gewölbekeller, in dem die Geldmittel und Goldbarren verwahrt wurden.

Erinnerte stark an Harry Potter!

 

 

Ein grimmig dreinschauender Wächter gegenüber der Schatzkammer ließ wahrscheinlich bei jedem potentiellen Dieb das Blut in den Adern erstarren!

 

 

Apropos Wächter! In China ist wirklich alles und jeder überwacht. Um die historische Bank zu besichtigen, mußte ein Ticket gekauft werden. Zum Kauf des Tickets mußte unser Pass vorgelegt werden. Die Chinesen selbst müssen ihre Identitätskarte vorzeigen. Da dieses Ticket auch zu anderen Sehenswürdigkeiten der Altstadt Zutritt gewährt, mußte bei jedem Drehkreuz wieder unser Pass eingescannt werden. So war es bisher bei allem, was wir besichtigt haben - von der Terrakotta Armee bis zu den Longmen Grotten. Wir haben damit kein Problem, denn wir tun nichts, was man nicht darf. Aber bemerkenswert ist es schon!

 

Die Staatsführung weiß also über jeden Schritt ihrer Bürger genauestens Bescheid. Früher reichten zur Abschreckung jeglicher Art schaurig aussehende Drachen, wie hier an der Neun-Drachen-Mauer.

Heute läuft so etwas digital.

 

 

Am späten Nachmittag verabschiedete sich Wang Xiaofeng mit einem erneuten Handschlag und wir waren unserem China-Organisator Heinrich in Deutschland zu tiefstem Dank verpflichtet, daß er die Tage „ohne Essen“ gebucht hatte, wie er sich ausdrückte. Wir starten morgens mit einem Hotelfrühstück, haben aber abends keinen Dinner-Termin mehr. Die Vorstellung, daß uns Herr Wang auch noch zum Abendessen ausgeführt hätte, war nicht besonders reizvoll. Er war zwar extrem bemüht, deshalb hatten wir auch ein gemeinsames Mittagessen spendiert - aber - länger hätten wir diese anstrengende Konversation nicht mehr ausgehalten.

Ein ruhiger Abend ist auch was Feines!

 

Erst später studierten wir Herrn Wangs Visitenkarte genauer. Dort stand in schönstem Englisch:

„Once shake a hand with Xiaofeng. We are friends forever.“

Jetzt konnten wir auch das häufige Händeschütteln einordnen. Nun sind wir für immer Freunde mit ihm. Das dazugehörige Lachen klingt uns noch im Ohr.....

 


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