Donnerstag, 24. Mai 2012

33. Etappe: Nakuru - Naivasha  255 Kilometer

Horrorstrecke, Gefängniszelle und noch mehr Flamingos

Dieser Tagesbericht könnte viele Überschriften haben. Im Kopf haben wir ihn heute mehrmals umgeschrieben, weil immer wieder so viel Unvorhergesehenes passiert ist. Eigentlich wollten wir titeln: „Abstecher zum Viktoriasee". Bei einer Afrika-Rundreise durfte doch der zweitgrößte Süßwassersee der Erde nicht fehlen. Immerhin ist dieses Gewässer über 120 Mal so groß wie der Bodensee.

Gestern hatte unser Jeepfahrer uns vor einer größeren Baustelle auf der Hauptstraße nach Kisumu am Viktoriasee gewarnt. Die Straße sei weitstreckig nicht mehr vorhanden und die Umleitung mit unseren Wohnmobilen unmöglich zu befahren. Also nahmen wir seinen Rat an und planten eine angeblich fast durchgehend gut geteerte Nebenstraße ein. Auf dem Weg dorthin lieferten wir uns ein Elefantenrennen mit den häufig im Schritttempo fahrenden LKWs. Wie sehr freuten wir uns auf den Abzweig, weil wir hofften, die schweren Brummer dann los zu sein!

Die Rechnung ging aber nur bedingt auf. In der Tat waren die Lastwagen größtenteils verschwunden, dafür entpuppte sich die „gute Teerstraße" als eine Schlammpiste auf der wir über die tiefen Bodenwellen nur so dahin schlidderten.

Tapfer kämpften wir uns voran, immer in der Hoffnung, daß um die Ecke der Belag besser würde. Nach 8 endlosen Kilometern hörten wir den Funkspruch des Führungsfahrzeugs: „Bleibt, wo Ihr seid! Wir kehren um!"

Olaf und das Gitz-Team waren gemeinsam etwa eine halbe Stunde vor uns aufgebrochen und hatten ebenfalls mit der Strecke gerungen. Als Olaf dem Gegenverkehr - den gab es nämlich auch! - ausweichen wollte, hing er plötzlich so schräg am Abgrund, daß er nur mit Hilfe von Rainers Abschleppkünsten wieder flott gemacht werden konnte. Olafs Beifahrer Marco dachte während der ganzen Zeit darüber nach, was wir seinen La Stradas bloß alles antun.

Als dann mehrere Befragte unabhängig voneinander versicherten, daß die „Straße" noch etwa 60 Kilometer lang in diesem Zustand sei (aber „no problem!") entschieden sie sich schweren Herzens, umzudrehen. Gleichzeitig wurde nochmals bestätigt, daß die kilometerlange Baustellenumleitung der Hauptstraße noch weitaus schlechter zu befahren sei. An dieser Stelle überlegten wir uns, als Überschrift heute „Planänderung" zu wählen. Es kam nämlich zum geordneten Rückzug, da der Viktoriasee auf diesen Straßen einfach nicht zu erreichen war.

Kathrin ließ es sich nicht entgehen, das Unternehmen „Rückzug" fotografisch zu dokumentieren. Rainer knipste die rasende Reporterin bei der Arbeit.


(2 Fotos Gitz-Team)

So dürft Ihr Daheimgebliebenen nun „miterleben" welche Straßenverhältnisse wir in der Mitte Afrikas genießen können. Schließlich heißt „Challenge" Herausforderung, und das ist es allemal.

Olaf hatte wie immer blitzschnell eine Lösung bereit. Wenn wir schon nicht zum Viktoriasee gelangen, dann könnten wir doch alle gemeinsam zu dem zauberhaften Naivasha-See fahren. Er liegt sowieso auf unserer Route Richtung Nairobi, wo für morgen noch ein Zwischenstopp geplant ist.

Sofort waren alle einverstanden und schrieben die Daten für den Campingplatz am Seeufer auf. Also wurde gewendet und nach knapp fünf Stunden und 148 Kilometern kamen wir wieder dort vorbei, wo wir morgens gestartet waren. Wir ließen das Hotel aber links liegen und fuhren schnurstracks zum Picknick zu dem bildschönen Flamingosee.

Was wir nicht wußten war, daß sich zu diesem Zeitpunkt bereits eine weitere Überschrift anbahnte:

„Kuga-Chef im Knast!

JaPa-Team ebenfalls verhaftet!"

Genauer gesagt: Hannes saß zusammen mit Olaf zwei Stunden hinter Gittern, während Irene sich als Ärztin ausgab und auf Freilassung drängte, da sie in Nairobi einen Patienten zu versorgen habe.

Unser temporäres Camp Challenge Mitglied Marco wunderte sich nicht schlecht, was er in kurzer Zeit mit uns schon alles erleben durfte. Immerhin besaß er die Geistesgegenwart und die Chuzpe, ein Beweisfoto zu schießen. Glaubt uns ja wahrscheinlich sowieso niemand!

 

Was war passiert?

(Foto Marco Lange)

Beide Fahrzeuge waren angeblich mit 96 Stundenkilometern unterwegs gewesen obwohl in Kenia eine generelle Höchstgeschwindigkeit von 80km/h gilt. Da die Polizisten, anders als in den vorher durchquerten afrikanischen Staaten, die Geldstrafe nicht direkt auf der Straße kassieren, wurden die Delinquenten abgeführt. Sie sollten in einem Schnellverfahren dem Richter vorgeführt werden. Unglücklicherweise war der Richter schon im Feierabend und so wurden die Fahrer erst einmal eingebuchtet.

Nun war guter Rat teuer! Olaf brachte seinen ganzen Charme auf und seine gesamten Englischkenntnisse, um die Polizisten davon zu überzeugen, daß man Dr. Irene auf schnellstem Wege nach Nairobi begleiten müsse. Nach Zahlung von 3000 Keniaschilling pro Fahrzeug (umgerechnet je 30 €) ließ man Gnade vor Recht ergehen und die Insassen laufen.

Am Campingplatz trafen wir uns alle wieder und verbringen nun die vorletzte Nacht auf kenianischem Boden. Mal ehrlich: „Wie hättet Ihr die heutige Überschrift gewählt?"


 

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