Tritt ein! - Die Kirche ist offen -

So steht es auf dem Schild des großen Kirchenportals von St. Nicolai.

Es ist ein regnerischer Tag, es ist düster, grau, naß und ungemütlich. PHOENIX tritt ein, rettet sich in die Kirche und staunt. Denn im Inneren ist Licht. Es fällt durch die kleinen bunten Glasfenster über dem Altar. Das Lichtband beherrscht mit seiner intensiven Leuchtkraft den schlichten Raum.

1908 wurde die Westerländer Kirche eingeweiht aber 1962 grundlegend renoviert und quasi „zurückgebaut", denn die überreiche Bemalung nach byzantinischem Vorbild mußte einem strengen Weiß und Grau weichen.

Der geschnitzte und gedrechselte Altar, die Kanzel und die hohen Wangen der Bänke verschwanden. Alles war durch ausgemaltes und vergoldetes Schnitzwerk reich verziert gewesen.
Dann stand lediglich ein Meditationskreuz auf dem sehr schlichten Altar und sogar der massive Leuchter aus dem 17. Jahrhundert fiel dem Renovier-Eifer zum Opfer und wurde weiß übersprüht.

Zumindest diese Maßnahme wurde 1991 zurückgenommen und der Leuchter wieder zu altem Glanz erweckt.

Welch Unterschied zu den ausgeschmückten Gotteshäusern im Süden.

Sind die Norddeutschen wirklich so ein raues, karges Volk?
Man könnte auch sagen, sie beschränken sich auf das Wesentliche und lassen sich nicht ablenken.

Aber plötzlich wird PHOENIX doch abgelenkt, zur Seite gezogen unter die linke Empore. Hier steht ein Engel. Auch er ist Licht. Die Künstlerin Angelika Kasching hat ihn Ende 2001 geschaffen und die Kirche damit bereichert.

„Die Tür zum Leben" heißt er und das kann man sehr wörtlich nehmen. Es ist die eisenbeschlagene ehemalige Eingangstür des Westerländer Obdachlosenasyls. Aus dieser Tür ließ die Künstlerin einen Engel entstehen mit goldenen Flügeln, der sich aus der Tür entfaltet und über dem Meer auf den Betrachter zugeht.

Und gleichzeitig scheint es ein offenes Kreuz zu sein, durch das man hindurchgehen kann.

Hindurch, wohin?

Auf der Rückseite der Skulptur steht in silbernen Buchstaben ein Gedicht von Rainer Maria Rilke geschrieben.

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang.

                                                  Rainer Maria Rilke

 

 

Und mit genau diesen Zeilen wünscht PHOENIX all seinen treuen Lesern ein

  wunderbares Weihnachtsfest . . .  

 

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