Tradition ist nicht das Bewahren der Asche,
sondern das Weitergeben des Feuers

Biikebrennen in Sankt Peter-Ording

Das Feuermachen in der Nacht des 21.Februar eines jeden Jahres hat an der Nordseeküste eine lange Tradition. Die Geschichte des Biikebrennens geht weit in die vorchristliche Zeit zurück. Ursprünglich sollten die Wintergeister vertrieben werden. Später wurden mit dem weithin sichtbaren Feuerschein die Walfänger und Grönlandfahrer verabschiedet. Das Wort "Biike" oder "Biake" ist mit dem heute in der Seefahrt gebräuchlichen Wort "Bake" verwandt und bedeutet altfriesisch "Leuchtfeuer".
Auch heute noch versammeln sich jedes Jahr tausende von Menschen am Vorabend des Petritags, um das Ende des Winters zu feiern. Mit Feuer und Glut will man das Frühjahr wecken.

Und da in diesem Jahr der Winter besonders lang und streng war, sollte sein Ende auch gebührend gefeiert werden. Schon am Vortag konnte ein hoch aufgeschichteter Scheiterhaufen aus alten Weihnachtsbäumen hinter dem Deich bestaunt werden. Eine nähere Erkundung erbrachte einen Umfang von 60 Schritten.

Der Tag vor einem bevorstehenden Ereignis ist bekanntlich lang und so nutzten wir die Zeit zu einem langen Spaziergang auf der schier endlosen Sandbank des Ordinger Strandes. Bereits auf der Seebrücke bot sich uns ein stimmungsvoller Blick über die vereisten Priele.

Aber das war nichts gegen das, was uns direkt an der Wasserkante erwartete. Die sagenhafte Naturgewalt des Meeres hatte eine fast drei Meter hohe „künstliche Steilküste" aus Eis geschaffen und zwar kilometerlang. Selbst die Einheimischen waren beeindruckt.

Man wußte zwar nie genau, wann die Eisbären in ihre Höhlen zurückkehren würden - aber man konnte ja mal einen Blick riskieren.

 

Eisschollen trieben munter im Meer herum und verliehen dem Wasser eine Schwerfälligkeit, eine Viskosität, daß es den Anschein hatte, als wollte es in der Luft gefrieren.

Diese „dickflüssigen" Wellen verwandelten sich am nächsten Tag in eine tosende Flut als bei Hochwasser ein Sturmtief direkt vom Meer heraufzog und die aufgetürmten Eisberge zu ungewohnten Wellenbrechern am Strand wurden. Die Nordsee hat eben viele Gesichter!

 

 

Auch die Möwen mußten sich bei diesen Temperaturen irgendwie durchschlagen. Im Schwarm klappt es offensichtlich am besten.

 

Nach so viel klirrender Kälte mit Eis und Schnee zog es am Abend Mann und Maus zum lodernden Feuer. Nach einer Feuerrede am Seedeich züngelten auch schon die ersten Flammen und bald brannte die Biike lichterloh.

Bevor sich alle zum traditionellen Grünkohlessen in die vielen Restaurants im Ort zurückzogen, gab es natürlich wieder einmal Freiluft-Musik zum Mitsingen. Eine Dixiland-Band spielte bei eisigen Temperaturen "Wochenend und Sonnenschein" - da muß der Frühling doch eigentlich schon um die Ecke kommen...

  

Falsch gedacht: Über Nacht schneite es noch einmal odentlich - aber diesen Anblick hat man schließlich auch nicht allzu häufig am Strand.

Was wieder einmal beweist, daß die Nordsee zu jeder Jahreszeit unglaublich schön ist und die rohe Naturgewalt, die von den Wellen ausgeht, hat schließlich schon Altmeister Goethe fasziniert:

Hast du die Welle gesehen, die über das Ufer einherschlug?
Siehe die zweite, sie kommt! Rollet sich sprühend schon aus!
Gleich erhebt sich die dritte! Fürwahr, du erwartest vergebens.
Daß die letzte sich heut ruhig zu Füßen dir legt.

 

 

 

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