Wenn ich die blühende Heide seh’,

wird mir das Herz, ach so schwer!

 

So singen die Heidemusikanten mit ihren Gitarren unterm Arm für die Einkehrer im Wilseder Biergarten.

 

Von Mitte August bis Ende September blüht die Heide in den schönsten Lilatönen und uns wurde das Herz erst schwer, als wir nach zehn Tagen Schwelgen im violetten Rausch wieder abreisen mussten.

Das Naturschutzgebiet Lüneburger Heide ist seit 1921 das älteste und mit 23.440 ha Fläche eines der größten in Deutschland. Wir nähern uns diesem Urlaubsparadies von Westen und lassen uns zunächst in Heber, wenige Kilometer von der A7 Abfahrt Bispingen nieder. Dort findet man vor der Schranke des -Camping-Parks- fünf sehr schön und großzügig angelegte, wenn auch meist schattige Stellplätze. Die Einrichtungen des Campingplatzes dürfen voll genutzt werden. Ein Biergarten am Naturbadesee rundet das Angebot ab.

 

 

Heber liegt genau zwischen den etwas größeren Orten Soltau und Schneverdingen. So unternehmen wir zunächst einen Ausflug nach Soltau und radeln durch die Böhm-Heide, die uns einen ersten Eindruck von der Schönheit dieser kargen Landschaft vermittelt.

 

 

 

In Soltau springt das leuchtend blaue Rathaus (anno1825) ins Auge und auch die vielen anderen Fachwerkhäuser laden zum Bummeln durchs Städtchen ein. Mitten im historischen Kern steht der Hochzeitsbrunnen.

 

 

 

 

Für uns Wohnmobilfahrer steht mitten im Zentrum besonders beachtenswert die -Soltau-Therme-

mit ihrer herrlichen Saunalandschaft.

 

Von weitem schon sieht man aber auch eine andere bekannte Attraktion Soltaus: die Achterbahn des

-Heideparks-  Wir schauen nur, staunen und lauschen dem Kreischen der todesmutigen Insassen von Colossos, Europas größter Holzachterbahn.

 

Da wir zunächst einmal von der Landschaft so fasziniert sind und das Wetter so herrlich sommerlich zum Wandern und Radeln einlädt, lassen wir alle Erlebnisangebote der Region links liegen. Und davon gäbe es genug:

-Vogelpark Walsrode-,

 

-Serengeti-Park Hodenhagen-

 

oder der

-Wildpark Lüneburger Heide-

 

mit Greifvogelschau und und und...

Wir wollen erst einmal Natur pur. Das eigentliche Heidegebiet - weite Heideflächen umgeben von Wäldern und Mooren - erstreckt sich aber nordöstlich von Schneverdingen und so fahren wir weiter zum kostenfreien kommunalen Stellplatz in der Inseler Straße am Quellenbad. Im Grünen, unter hohen Bäumen und somit auf manchen Plätzen ohne Satelitenempfang steht man hier nachts völlig ruhig; tagsüber hört man die Autos auf der kleinen Straße nach Insel. Es gibt zwar keinen Strom aber dafür eine Ver-und Entsorgungsstation (2 Euro für alles zusammen) und ein ungeheiztes idyllisches Freibad zum Erfrischen nach staubigen Tagestouren.

 

 

Von hier aus kann man in 1,5 Km die Innenstadt erreichen oder auch zu einem Abendspaziergang in den kurparkähnlich angelegten Heidegarten aufbrechen. Hier wurden mehr als 130 verschiedene Heidesorten angepflanzt mit dem Ziel, den Besuchern zu jeder Jahreszeit blühende Pflanzen zu zeigen. Von einem kleinen Aussichtsturm hat man den besten Überblick.

 

Man liest wohlklingende Namen wie Calluna vulgaris, Erica tetralix und Erica cinerea und sieht diese kleinen Heideblütchen in den unterschiedlichsten Farben:

 

Überhaupt ist rund um den Heidegarten die Heide besonders farbintensiv. Violette Teppiche breiten sich vor dem Auge des Betrachters aus und verbreiten eine innere Ruhe, die für Stadtmenschen geradezu therapeutischen Wert hat.

 

Hier kann man auch regelmäßig eine der sechs Heidschnuckenherden antreffen, die um Schneverdingen herum als fleißige Landschaftspfleger unterwegs sind.

 

Sie verbeißen junge Bäume und helfen so zu verhindern, dass sich Birken- und Kiefernwälder auf die Heideflächen ausdehnen. Außerdem zerstören sie die Spinnweben, die sonst zu tödlichen Fallen für die emsigen Heidebienen würden, die überall zum Sammeln des Heideblütenhonigs ausgesandt werden.

 

Überhaupt sind die Schnucken allgegenwärtig und man findet sie auf jeder Speisekarte und als Zierde

 mal mit, mal ohne Schäfer.

 

Jeden Tag freuen wir uns, wenn wir wieder mitten in der Landschaft das typische Blöken hören oder den Schäfer, der seinen Hütehunden Anweisungen gibt: „Toni, geh davor!“ und schon schießt der treue Hund davon und treibt die Herde zusammen. Nur einmal wandern wir in einer seltsam anmutenden Gegend ohne allzu viele Lebewesen: Das Pietzmoor. Es lockt mit seiner geheimnisvollen Stimmung. Auf einem kilometerlangen Rundweg auf Bohlenstegen kommt man vorbei an versinkenden Birkenstümpfen und grünen Torfmoosen, die in herbem Kontrast stehen zu den Heideflächen auf ihrem trockenen, kargen Boden.

 

Ein jeder Wanderer in der Heide muß aber auch einmal auf dem Wilseder Berg gewesen sein. So scheint es jedenfalls, denn die sonst relativ einsame Landschaft wird umso bevölkerter, je näher man dieser 169 m hohen Erhebung kommt.

 

 

Oben angekommen laden zahlreiche Bänke in allen Himmelsrichtungen zu einer Rast mit Panoramablick ein. Die Heidelbeerbüsche färben sich schon herbstlich braunorange und geben einen hübschen Kontrast zum Lila der Heidesträucher.

 

Ein ähnlich beeindruckender Blick eröffnet sich an den Steilhängen des nahe gelegenen Totengrundes. Dieses Trockental darf nur noch vom Schäfer mit seiner Schnuckenherde betreten werden aber die Wanderwege führen einmal drum herum und die von Wacholderbüschen auffällig akzentuierten Heideflächen leuchten hier besonders schön.

 

 

Nach so viel Naturschönheit müssen sich die Augen erst einmal entspannen und so lassen wir sie im Biergarten des Wilseder Rasthauses auf der Buchweizentorte und dem kühlen Blonden ruhen,

 

 

ehe wir uns die historischen Schafställe in dem kleinen Heidedorf betrachten.

 

In diesen mitten im Herzen des Naturschutzgebietes gelegenen Ort gelangt man nur zu Fuß, per Rad oder mit einer Pferdekutsche. Die sandigen Heidewege sind immer zweigeteilt, denn eine breite Pferdespur verläuft parallel zu Rad- und Fußweg.

 

Reiter trifft man häufig an in dieser flachen, staubigen Landschaft. Sogar die Heide-Patrouille nutzt hier nicht Streifenwagen oder Polizeikrad, sondern kontrolliert hoch zu Roß, dass die Naturschutzbestimmungen eingehalten werden.

Dazu gehört auch, dass die Wege nicht verlassen werden dürfen und selbstverständlich offenes Feuer in dieser trockenen Landschaft absolut verboten ist. Wie gut, dass wir unseren Cobb-Grill haben, mit dem wir in einem geschlossenen System mit einem Stück gepresstem Kokos stundenlang gefahrlos draußen Fleisch garen und gleichzeitig im Wok Gemüse gesund und schmackhaft zubereiten können.

 Wenn man sich lieber kulinarisch verwöhnen lassen möchte, anstatt selbst den Kochlöffel zu schwingen, findet sich überall Gelegenheit zur stilvollen Einkehr, wie z.B. in Oberhaverbeck, einem kleinen Ort, der fast nur aus Restaurants besteht.

 

Das touristische Zentrum der Westheide ist aber Undeloh (etwa 19 km von Schneverdingen entfernt), das wir auch auf einer Fahrrad-Tour ansteuern. Hier verkehren wohl die meisten Kutschen und landen die meisten Reisebusse an. Aber auch für den Individualverkehr gibt es genug Parkplätze, die auch für 9 Euro als Wohnmobilstellplatz über Nacht genutzt werden können.

 

Wirklich sehenswert ist die aus dem 12. Jahrhundert stammende Magdalenenkirche, deren ein Meter breite Mauern aus Findlingen errichtet wurden und deren Ostteil nach dem Einsturz des Chors in Fachwerkbauweise wieder aufgebaut wurde. Der freistehende hölzerne Glockenturm beherbergt eine Glocke, die bereits im Jahr 1490 gegossen wurde.

 

Wer noch mehr hübsche alte Gebäude sehen möchte, der kann eine reizvolle Radwanderung durch Wald und Heide unternehmen zum Landschaftspflegehof Tütsberg. In völliger Abgeschiedenheit wird hier ökologischer Landbau betrieben, um die Produkte dann im hofeigenen Restaurant zu veredeln. Die verschiedenen Gebäude dienen auch als exklusives Tagungshotel, wo gestresste Manager ausspannen können oder betuchte Großfamilien ihre Feiern in einem etwas anderen Ambiente ausrichten lassen.

 

Und immer wieder sieht die Heide anders aus. Ein besonders hübscher Panoramaweg eröffnet Ausblicke auf purpurne Landstriche, die an die berühmten Lavendelfelder der Provence erinnern zumal die trockene Augusthitze, die sandigen Wege und der ätherische Kiefernduft uns gefühlt nach Südfrankreich versetzen.

„Warum denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?“

 

 

Am letzten Augustwochenende ist aber auch ganz Schneverdingen in lila Laune. Dann findet nämlich alljährlich das Heidebütenfest statt. Mit Heide geschmückte Festwagen formieren sich zu einem Umzug durch die Stadt

 

und auf der Freilichtbühne im Höpental wird ein liebevoll einstudiertes Festspiel aufgeführt. Wir haben uns trefflich amüsiert über die bunten zarten Elfen und schmutzigen grobschlächtigen Trolle, die in dem an Shakespeares Sommernachtstraum angelehnten Stück auftraten.    (Fotos Festspiel: Saskia Schutter)

 

Die Heidekönigin wird feierlich gekrönt.

 

Das war dann auch der krönende Höhepunkt und Abschluß unseres Heideurlaubs – im wahrsten Sinne des Wortes. Am stärksten wird uns aber das Bild der friedlich vor sich hin schnuckelnden Heidschnuckis im Gedächtnis bleiben und der wortkarge Schäfer mit seinen Hunden, der in sich ruht und der diese Ruhe an alle weitergibt, die ihn unterwegs bei seinem Tagewerk antreffen.

 

Schon Hermann Löns, der Heidedichter, schrieb:

 

Lass Deine Augen offen sein,

geschlossen Deinen Mund,

und wandle still,

so werden Dir geheime Dinge kund.


 

 

 

 

 

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