In Gernsbach, um Gernsbach und auch drumherum

Der kleine Ort Gernsbach im Nordschwarzwald sollte im Mai/Juni 2011 für drei Wochen unser Wohnort sein. Der kleine Stellplatz an der Murginsel bietet nur Fläche für acht Wohnmobile. Dafür ist er aber so angelegt, daß man es gut und gerne eine Weile aushalten kann. Auch scheint er sehr beliebt zu sein, denn jeden Abend füllte sich der Platz so sehr, daß einige Mobilisten enttäuscht weiterziehen mußten.

Wie überall gibt es Plätze mit mehr Grün und mehr Blick und andere mit nicht so attraktivem Zuschnitt. Wenn man länger als eine Nacht steht, dann kann man aber meist den schönen Randplatz erwischen. Wir hatten eine große Rasenfläche mit Wasserblick und in Kombination mit unseren mitgebrachten Blumentöpfen war unser Phoenix wie eine Villa mit Seegrundstück.

Zugegeben am Wochenende wurde die Schloßstraße, an die der Stellplatz angrenzt, zur Teststrecke für heiße Öfen und die Motorradfahren drehten häufig ihre Maschinen noch einmal so richtig auf, bevor sie die Serpentinen zum Schloß hochheizten.

An diesen Tagen konnte man Gernsbach nicht gerade als ruhigen Kurort bezeichnen aber dann trösteten wir uns mit der Tatsache, daß die Kurabgabe bereits in den fünf Euro Stellplatzgebühr enthalten ist und nicht extra aufgeschlagen wird. Und mit dieser Kurabgabe bzw. mit dem Parkticket konnte man zur Tourist-Info gehen und sich eine kostenlose Konuskarte ausstellen lassen. Diese Karte diente als Fahrschein für alle öffentlichen Verkehrsmittel von Baden-Baden bis Basel und so ließen wir den Motorrad-Fahrern ihren Spaß und setzten uns in die S-Bahn, um einen Ausflug nach Freudenstadt zu machen.

Die gewaltige Winkelkirche und die vielen Blumen und Brunnen in der Stadt waren zwar schon einen Besuch wert aber der absolute Geheimtipp heißt „Soravia".

In der Gelateria Soravia haben wir das beste Eis unseres Lebens gegessen.

 

Vom Chef persönlich serviert!

Zwischendurch brachte er noch einzelne Kugeln in eisgekühlten Silberschalen hinterher, weil er meinte, daß in den Eisbechern noch die eine oder andere Sorte fehlte.

 

KÖSTLICH !!!!

 

Bei so viel süßer Schlemmerei darf natürlich auch der sportliche Aspekt nicht zu kurz kommen.

Gernsbach ist Ausgangspunkt der „Murgleiter" und der „Gernsbacher Runde".

Diese Premiumwanderwege sind in mehrere Tagesetappen unterteilt und führen immer wieder zu S-Bahn-Stationen oder Bushaltestellen im Murgtal, so daß den müden Wanderern (sofern sie ihre Konuskarte im Rucksack haben) kostenloser Rücktransport garantiert ist.

Die „Gernsbacher Runde" führt über den Merkur, wo man mit einem grandiosen Ausblick auf Baden-Baden für die Mühen des Aufstiegs belohnt wird.

Ein Biergarten bewirtet dort oben nicht nur die Wanderer, sondern auch die Fahrgäste der Gondel, die sich von Baden-Baden aus hinaufbefördern lassen.

Wir haben uns an einem sommerlich-sonnigen Tag mit unseren Kieler Freunden Heinz und Regina dort oben getroffen, die auch auf der „Gernsbacher Runde" - aber in entgegengesetzter Richtung - unterwegs waren.

Nach einem geselligen Bierchen trennten sich unsere Wege wieder.

Die „Murgleiter" haben wir in drei Tagesetappen erwandert. Ganz am anderen Ende liegt Baiersbronn. Auf einem hübschen Panoramaweg sieht man den Ort unter sich liegen während man durch dunkle Tannenwälder und über weichen Moorboden auf den Hutzenbachersee zuwandert.

Zunächst sieht man ihn von ganz weit oben im Schoße des Waldes liegen. Dann steigt man viele Höhenmeter hinab über Wurzeln und Steine, bis man an seinen Ufern steht und sich von den abertausenden von Teichrosen bezaubern läßt.

Auf der zweiten Etappe der „Murgleiter" kommt man an einer riesigen Talsperre vorbei und besteigt in Forbach wieder die S-Bahn zurück zum Womo.

Die letzte Etappe setzt folglich in Forbach an und führt durch die Täler und Höhen des Schwarzwaldes ganz bis nach Gernsbach. Dabei sorgen immer wieder traumhafte Ausblicke für Abwechslung. Die Forbacher Kirche ist ebenso ein Wahrzeichen wie die Jahrhunderte alte Holzbrücke über die Murg.

Nach solchen schweißtreibenden Wander-Aktivitäten haben wir häufig gemeinsam mit unseren Kieler Freunden den Flüssigkeitsverlust wieder ausgeglichen und kaum bemerkt, wie der Tag sanft in eine laue Nacht hinüberglitt.

Froh zu sein bedarf es wenig und wer froh ist, ist ein König!

Dafür gab es dann auch am nächsten Tag einen „Alkoholverdunstungs-Lauf" oder eine entsprechende Fahrradtour. Auch da hat man in Gernsbach und Umgebung reichlich Auswahl. Die „Tour de Murg" führt wunderschön durch das gesamte Murgtal und bietet einen Blick auf das Gernsbacher Schloß von Obertsrot aus.

Fehlt noch ein Besuch in Baden-Baden. Auch hier befördert uns der Bus beim Vorzeigen der Konuskarte gratis in die Kurstadt. Weltberühmt ist natürlich die Spielbank, die dem Kurgarten gleich etwas Vornehmes gibt.

 

Wer sein letztes Geld verspielt hat, der kann sich gleich nebenan einen Schluck Heilwasser in der altehrwürdigen Trinkhalle abholen, so daß er zumindest nicht verdursten muß.

Aber in Baden-Baden scheint an Geld kein Mangel zu sein. Alles sieht sehr vornehm und teuer aus. Wer im Hirschenhotel absteigt, der legt sich bestimmt auch im historischen Friedrichsbad in die warmen Thermalquellen.

Ein ganz besonders schöner Wanderweg führt hinauf zum alten Schloß, das spektakulär auf einem Felsen über der Stadt gelegen ist. Die Ruine steht zur kostenlosen Besichtigung offen und der Blick bis ganz hinüber zum Rhein wäre sowieso unbezahlbar.

 

Nachdem man von den Türmen wieder heil herunter gekommen ist, bietet sich für den Rückweg nach Baden-Baden der Umweg über die Battertfelsen an. Sie sind ein Paradies für Kletterer. Uns stockte manchmal der Atem, wenn sich plötzlich ein behelmter Kopf über die Felsenkante schob.

Was für den Südschwarzwald der Titisee, ist für den Nordschwarzwald der Mummelsee. Er ist zwar kleiner und läßt sich schnell umrunden aber die Reisebusse, die die Touristen über die Schwarzwaldhochstraße fahren, halten hier alle und dementsprechend kitschig ist das Angebot an Souvenirs. Wir haben uns nicht für Bommelhüte und bedruckte Tassen interessiert aber das Versprechen auf eine schöne Aussicht auf den See von oben hat uns schon zu einer Wanderung gelockt. Und tatsächlich sahen wir den See wunderschön still unter uns liegen.

Noch waren wir aber nicht zufrieden. Bis ganz hoch auf den Gipfel der 1164m hohen Hornisgrinde sollte es gehen.

Und oben angekommen wurden wir in vielfacher Hinsicht belohnt.

Es gibt zwei Türme, die sich besteigen lassen:

 den Hornisgrindenturm und den Bismarckturm  → 

Dazwischen liegt ein zauberhaftes Heide-Hochplateau. Und wenn man dann klare Sicht hat und einem der ganze Schwarzwald zu Füßen liegt, dann geht das Herz auf und man fragt sich, womit man so viel Schönheit der Natur verdient hat.

Es gibt in dieser Region aber auch Gipfel, die ganz anders aussehen. Unser letzter Ausflug führte uns zum 980m hohen Streitmannsköpfle. Hier hat zu Weihnachten 1999 der Orkan Lothar ganz fürchterliche Verwüstungen angerichtet. Das „Köpfle" dieses Berges sieht aus wie ein Elefantenfriedhof. Überall liegen tote Bäume wie Skelette in der Landschaft.

Da das „Köpfle" auf diese Weise zu einem Glatzkopf geworden ist, kann jeder kleinste Windzug ungehindert über den Gipfel pfeifen. So ist es auch an warmen Tagen eine zugige Ecke. Ein ganz besonders netter Zug wiederum ist der Brauch der Einheimischen, am Gipfelkreuz eine Flasche Obstler zu deponieren. Nach einem Eintrag ins Gipfelbuch kann man sich ein Gläschen Feuerwasser zum Aufwärmen genehmigen.

Und mit einem zünftigen „Vergelt 's Gott" an den edlen Spender beenden wir unseren Ausflug in den Schwarzwald.

„Zum Wohl!"

 

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