Draus vor Schleswig in der Hütte
Singt das fromme Mütterlein.
»Eine Mauer um uns baue!«
Singt das fromme Mütterlein:
»Daß dem Feinde vor uns graue,
Nimm in deine Burg uns ein!«

 

Schleswig an der Schlei

Clemens Brentanos „Die Gottesmauer" als beispielhaft zitiertes Gedicht in Theodor Fontanes Roman „Effi Briest" könnte in einem der kleinen, alten Fischerhäuser des Schleswiger Holms gespielt haben. Es ist eine noch heute gut erhaltene historische Fischersiedlung mit kleinem Friedhof und Kapelle im Zentrum, um das sich die Fischerhäuser herum gruppieren. Der Holm liegt unmittelbar an der Schlei. Viele der Häuschen haben Gärten zur Wasserseite, wo die Fischer früher ihre Boote liegen hatten.

In unmittelbarer Nachbarschaft wird heute zwar nicht mehr gegen feindliche Dänen oder Russen gekämpft aber manch ein Wohnmobilfahrer kämpft vielleicht um den besten Wasserblick auf dem Stellplatz „Plessenstraße" am Stadthafen.

Ganz zentral und maritim mit grandiosem Blick über die Schlei kann man es für 12 Euro inkl. Dusche, Strom und Wasser hier eine Weile aushalten. Aber der kleine Ort Schleswig hat noch mehr zu bieten. Seit Frühjahr 2008 gibt es den -Schleipark-, einen ruhigen Stellplatz im Grünen, der auch am Wasser gelegen ist und direkten Anschluß an das Radwegnetz hat. In zehn Minuten erreicht man bequem die Schleswiger Altstadt.

Mitten in der Altstadt ist das dominierende Element der Sankt-Petri-Dom.

Eigentlich egal wo man in Schleswig ist, das dominierende Element bleibt der Dom.

Man könnte wahrscheinlich eine ganze Abhandlung nur über dieses um das Jahr 1100 begonnene Bauwerk schreiben. Über die Jahrhunderte wurde ständig um - und angebaut und der 112m hohe Westturm wurde sogar erst vor gut hundert Jahren errichtet. Die meisten Besucher dieses Gotteshauses fühlen sich aber magisch angezogen von dem hölzernen Brüggemann-Altar. Dieses 12,6m hohe und 7m breite Kunstwerk aus Eichenholz wurde von 1514 bis 1521 von Hans Brüggemann geschnitzt und schildert nach Holzschnitten von Albrecht Dürer die Passionsgeschichte. Die 392 Figuren sind mit solch einer Liebe zum Detail geschaffen, daß man nur sprachlos staunend davorstehen kann.

 

 

 

Da Schleswig an dem Ostseefjord Schlei gelegen ist, der sich weit ins Land hineinzieht, kommt man bei allen Ausflügen ständig mit Wasser in Kontakt. Sogar Badestellen findet man mitten in der Stadt. Das ehemalige Gelände der Bundesgartenschau 2008 liegt ganz in der Nähe des kleinen Seglerhafens.

Auf einem Radweg rund um die Schlei bieten sich ganz neue Blickpunkte auf das eigene Wohnmobil.

Am dem der Stadt gegenüberliegenden Südufer der Schlei befindet sich in der Nähe eines historischen Siedlungsplatzes der Wikinger das -Freilichtmuseum Haithabu.- Dieses Museum versucht mit archäologischem Fundmaterial die frühmittelalterliche Siedlung wieder auferstehen zu lassen. Im Schlick der Schlei wurden 12.000 Holzreste von Hausteilen und Schiffen geborgen, die mithilfe von Computersimulationen von Spezialisten wieder zusammengesetzt wurden. Glanzstück des Museums ist ein 30m langes Kriegsschiff, das in einer eigenen Halle zu besichtigen ist. Auf der Freilichtbühne des Geländes finden im Sommerhalbjahr Wikinger-Aufführungen statt.

Die ganz besondere Perle an der Schlei ist aber in Schleswig das berühmte -Schloß Gottorf.-

  

In seiner wechselvollen Geschichte mit vielen Um- und Neubauten seit 1161 hat sich die ursprünglich mittelalterliche Burg zu einem Barockschloß gewandelt, das zwischenzeitlich im Besitz des dänischen Königshauses war, als Kaserne diente und nach dem Krieg als Flüchtlingslager.

Heute beherbergt es die Schleswig-Holsteinischen Landesmuseen. Hier finden Kunstliebhaber jedes Jahr wechselnde Ausstellungen. Im zweiten Halbjahr 2009 nutzten mehrere Zehntausend Kunstfreunde die Gelegenheit, die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen - K20 - zu bestaunen. Die von dort ausgeliehenen Meisterwerke der klassischen Moderne umfassen unter anderem Hauptwerke von Klee, Picasso, Miró, Chagall und Marc.

Wir haben Paul Klees "Kamel in rhythmischer Baumlandschaft", Franz Marcs "Drei Katzen" und Pablo Picassos "La femme au miroir" aus nächster Nähe betrachtet und auf uns wirken lassen.

In einem ehemaligen Stallgebäude kann man sich an den farbenfrohen Gemälden von Emil Nolde und den ausdrucksstarken Skulpturen von Ernst Barlach erfreuen. Besonders der Blumengarten P hatte es uns angetan

und die Ähnlichkeit von Noldes Selbstbildnis mit unserem Hutträger ist doch frappierend, oder?


Außer Barlachs "singendem Mann" hatten auch die Moorleichen der Archäologischen Sammlung eine besondere Anziehungskraft.

Auch Naturliebhaber kommen auf ihre Kosten, denn der wunderschöne Barockgarten, der in den letzten Jahren nach alten Vorbildern rekonstruiert wurde, lädt zum Lustwandeln ein.  

 

Mitten im sogenannten Spiegelteich steht eine überlebensgroße Skulptur, die Herkules im Kampf mit der 7-köpfigen Hydra zeigt.


Inmitten dieses Prachtgartens steht das Globushaus, das die über drei Meter große, begehbare Weltkugel enthält. Die Außenseite kartographiert die Welt, wie man sie um 1650 sah, während die Innenseite den Himmel mit seinen Sternen abbildet und damit das erste Planetarium der Menschheit ist.

 

Unzählige Bildergeschichten illustrieren zudem die 30 qm große Oberfläche.

 

Es ist unglaublich faszinierend, wie detailgetreu und mit welcher Präzision die Hofgelehrten und Techniker der damaligen Zeit dieses dreidimensionale Modell erschaffen haben. Durch Wasserkraft konnte die riesige Kugel in eine Echtzeit-Rotation versetzt werden. Zu sehen ist heutzutage allerdings nur noch ein Nachbau, da das historische Exemplar von Zar Peter dem Großen geraubt worden ist und sich jetzt in Sankt Petersburg befindet. Bis zu zehn Personen können durch eine Luke zum Mittelpunkt der Erde steigen und den Lauf der Sterne am Himmel beobachten.

Beim Betrachten dieses kleinen „Weltwunders" kommt einem der Gedanke, daß die Menschen früher mit bescheideneren technischen Möglichkeiten Größeres vollbracht haben.


Clemens Brentano: Die Gottesmauer

Draus vor Schleswig an der Pforte
Wohnen armer Leute viel.
Ach! des Feindes wilder Horde
Werden sie das erste Ziel.
Waffenstillstand ist gekündet;
Dänen ziehen aus zur Nacht;
Russen, Schweden sind verbündet,
Brechen ein mit wilder Macht.

Draus vor Schleswig, weit vor allen
Liegt ein Hüttlein ausgesetzt.
Draus vor Schleswig in der Hütte
Singt ein frommes Mütterlein:
»Herr, in deinen Schoß ich schütte
Alle meine Sorg' und Pein!«
Doch ihr Enkel, ohn Vertrauen,
Zwanzigjährig, neuster Zeit,
Hat, den Bräutigam zu schauen,
Seine Lampe nicht bereit.

Draus vor Schleswig in der Hütte
Singt das fromme Mütterlein.
»Eine Mauer um uns baue!«
Singt das fromme Mütterlein:
»Daß dem Feinde vor uns graue,
Nimm in deine Burg uns ein!«
»Mutter«, spricht der Weltgesinnte,
»Eine Mauer uns ums Haus
Kriegt fürwahr nicht so geschwinde
Euer lieber Gott heraus!«

»Eine Mauer um uns baue!«
Singt das fromme Mütterlein.

»Enkel, fest ist mein Vertrauen,
Wenn's dem lieben Gott gefällt,
Kann Er uns die Mauer bauen,
Was Er will, ist wohl bestellt.«
Trommeln rumdidum rings prasseln;
Die Trompeten schmettern drein;
Rosse wiehern, Wagen rasseln;
Ach, nun bricht der Feind herein!

»Eine Mauer um uns baue!«
Singt das fromme Mütterlein.

Rings in alle Hütten brechen
Schwed und Russe mit Geschrei,
Fluchen, lärmen, toben, zechen,
Doch dies Haus gehn sie vorbei.
Und der Enkel spricht in Sorgen:
»Mutter, uns verrät das Lied!«
Aber sieh! das Heer von Morgen
Bis zur Nacht vorüberzieht.

»Eine Mauer um uns baue!«
Singt das fromme Mütterlein.

Und am Abend tobt der Winter,
Um die Fenster stürmt der Nord.
»Schließt die Laden, liebe Kinder!«
Spricht die Alte, und singt fort.
Aber mit den Flocken fliegen
Nur Kosakenpulke 'ran;
Rings in allen Hütten liegen
Sechszig, auch wohl achtzig Mann.

»Eine Mauer um uns baue!«
Singt das fromme Mütterlein.

»Eine Mauer um uns baue!«
Singt sie fort die ganze Nacht.
Morgens wird es still: »O schaue,
Enkel, was der Nachbar macht!«
Auf nach innen geht die Türe;
Nimmer käm er sonst heraus:
Daß er Gottes Allmacht spüre,
Liegt der Schnee wohl haushoch draus.

»Eine Mauer um uns baue!«
Sang das fromme Mütterlein.

»Ja! der Herr kann Mauern bauen!
Liebe, gute Mutter, komm,
Gottes Wunder anzuschauen!«
Spricht der Enkel und ward fromm.
Achtzehnhundertvierzehn war es, 
Als der Herr die Mauer baut';
In der fünften Nacht des Jahres
Hat's dem Feind davor gegraut.
»Eine Mauer um uns baue!«
Sang das fromme Mütterlein.
 


 

 

 

 

 

 

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