43. Woche 2012

Ob heiter, ob wolkig, ob obheiter . . .

. . . wir finden es bei jedem Wetter traumhaft schön in Oberstdorf. Inzwischen haben wir ja auch schon etwas Bayerisch gelernt und kennen uns in der speziellen Bergnomenklatur ein wenig aus. Eine Obheiter-Wetterlage nennen die Einheimischen, wenn es oben heiter ist mit viel Sonnenschein und blauem Himmel, während unten im Ort dicker Nebel und graues Gewölk aufs Gemüt drücken.

Nachdem wir den sommerlich sonnigen Montag in der Therme Oberstdorf verbracht haben, um unsere muskelkatergeplagten Wadeln im Solebecken von den Sprudeldüsen massieren zu lassen, erwachten wir am Dienstag in dichtem Grau. Die Webcams der Bergstationen zeigten aber bereits in der Früh strahlenden Sonnenschein in der Höhe und so gab es keine zwei Meinungen, wie bzw. wo wir den Tag verbringen würden.

Wir fuhren mit unserem Busticket ins Kleinwalsertal und schon wenige Kilometer außerhalb von Oberstdorf ab einer Höhe von ziemlich genau 1000 m ging ein "ah" und "oh" durch die Reihen der Mitfahrenden als wir hinter einer Kurve plötzlich die dichte Nebeldecke durchbrachen. Wir hatten es genau richtig gemacht, denn im benachbarten Österreich schien den ganzen Tag über die Sonne.

Mit dem Bergbahn-Ticket ging es diesmal hinauf zum Gipfel des Walmerdingerhorns, von wo aus man die dicke Nebelsuppe, unter der wir Oberstdorf zurückgelassen hatten, wie in einer Schüssel liegen sahen. "Über den Wolken, muß die Freiheit wohl grenzenlos sein!"

Im Bus hatten wir von einem netten Paar aus Grünstadt /Weinstraße (Wir grüßen hiermit Frank und seine liebe Frau!) gehört, daß auf der Bühlalpe an diesem Tag der Saisonabschluß mit Livemusik gefeiert werden sollte. Das wollten wir uns nicht entgehen lassen. Also wanderten wir vom Gipfel über einen langgezogenen Panoramaweg bis zu dieser Bergwirtschaft.

Schon von Ferne hörte man die einladende Stimmung. Und siehe da, auch unsere Busbekanntschaft trafen wir wieder - bei einem kühlen Hellen! "Wo man singt da laß' Dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder!" So ließen wir uns nieder und vergaßen in der Sonne, daß der November demnächst vor der Tür steht.

Dann aber wurden wieder die Wanderstöcke geschwungen und es ging zurück nach Oberstdorf, wo uns derselbe Nebel erwartete, der uns schon am Morgen verabschiedet hatte.

Den Abend verbrachten wir ebenfalls in netter Runde bei zünftiger Musik und dazu passendem Essen. Wir hatten uns nämlich mit Lothar und Marion aus Unna in der Dampfbierbrauerei verabredet. Die beiden begleiten uns virtuell schon von Stunde Null an, ohne sich jemals geoutet zu haben.

Nun hatten sie sich auf den langen Weg nach Oberstdorf gemacht, um uns endlich einmal "in echt" zu treffen. Manchmal stimmt die Chemie einfach! Wir hatten das Gefühl, uns schon ganz lange zu kennen. Jedenfalls kannten wir zu später Stunde dieselben Schunkellieder, mit denen der Musiker die Gäste zum Mitsingen animierte.

Am heutigen Mittwoch hatten wir wettermäßig dasselbe Grau wie am Tag zuvor. Inzwischen wissen wir uns in solch einer Situation ja zu helfen. Die Talstation der Nebelhornbahn ist nur fünf Gehminuten von unserem Stellplatz entfernt und so bestiegen wir wieder einmal eine der Seilbahnen und entschwebten durch die graue Wolkendecke gen Himmel. An der Mittelstation auf 1280 m Höhe war die Nebelgrenze. Hier tauchten wir aus der Suppe hervor und bestaunten das Naturschauspiel.

Weiter ging's jedoch bis zur Bergstation auf 1932 m, denn dort war es am wärmsten und sonnigsten.

Wir stiegen aus und fühlten uns wie in einer anderen Welt: Sonne, blauer Himmel so weit das Auge reicht, halbnackte Menschen in Liegestühlen und überall strahlende Gesichter. Die Sonne ist ein echtes Antidepressivum!

Wir wanderten zum Zeigersattel und konnten die Aussicht auf den Seealpsee genießen.

Mit der letzten Talfahrt gegen 17 Uhr schwebten wir wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Immerhin schreiben wir den 24. Oktober, wir befinden uns mitten im Herbst und da hat das Wetter eigentlich den Ruf, naßkalt, trüb und windig zu sein.

Fazit: Es isch` Obheiter. Hinunterschauend erscheinen einem die Wolken, die im Tal grau und düster wirkten, wie ein duftiges Meer aus weißen Daunen, unter dem man Lasten und Sorgen des Alltags zurückgelassen hat. Das Herz wird weit.
(Zitat aus einer örtlichen Tourismus-Broschüre)


 

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